LAYERS
bautzner69, Dresden
Dezember 2023 - Januar 2024
Sammeln, Bewahren und Ordnen bilden die grundlegenden Methoden Proschaks performativer Praxis, bei der sie sich intensiv mit Körperlichkeit und Materialität auseinandersetzt. Dezente Berührungen, bewusstes Übereinanderlegen, skalierendes Ausschneiden, assoziative Motivsetzung und ein dialektisches Schichten oftmals semitransparenter Ebenen charakterisieren ihren Handlungsraum. Dabei kommen bevorzugt fotografische Notizen, Bildfragmente, Klebestreifen, Folie und Glas zum Einsatz. Motivischer Ausgangspunkt hierbei ist Barbara Proschaks naturhistorisches Interesse an organischen Gebilden wie Muscheln, Schneckenhäusern, Pflanzen und Blüten und ihre Faszination gegenüber schriftkulturellen Phänomenen wie Zeichen, Codes und Kalligrafie. In einem Wechsel aus Ver- und Bedecken thematisiert sie Sehen, Zeigen und Entdecken.
Auch zweidimensionale Arbeiten basieren auf dem Prinzip des Übereinanderschichtens (engl. layering). Ausgehend von einem bereits selbstgeschaffenen Fotomotiv überzeichnet Proschak dieses mit feinen Permanetstiften und bespielt dabei die Bildflächen neu. Bei ihrer inzwischen favorisierten Technik der Überzeichnung, ähnlich einer analogen Retusche, arbeitet die Künstlerin intuitiv und meditativ, setzt Bildteile wie Tagwerke aneinander, die sich peu à peu zu einem Ganzen zusammenfügen. Das rätselhafte, perlmuttschimmernde Ergebnis lässt das ursprüngliche Motiv mal mehr, mal weniger zum Vorschein kommen. Die kontrastreiche Verbindung aus dem schnellen Medium Fotografie und der geduldigen Zeichnung rückt Zeitlichkeit in den Fokus und ehrt gleichsam den handwerklichen Prozess. Als wissbegierige Forscherin und eifrige Archivarin greift die Künstlerin zudem museale Gedanken, Handlungsweisen und Präsentationsformen auf. Dies zeigt sich beispielsweise in Form von der Nutzung entomologischer Steckkästen mit Insektennadeln, weißen Grafikhandschuhen der Handportraitserie oder dem erkundungsreichen Objekttisch auf 3 Glasetagen.
Barbara Proschak stellt zwischen allen Arbeiten und Handlungsweisen komplexe Bezüge her, die in besonderer Art innerhalb ihres Oeuvres auch über längere Zeiträume hinweg referieren und einander zitieren. Überwiegend entstanden die Exponate dieser Schau zwischen 2021 und 2023, doch gibt es Dank der verflochtenen Ebenen Rückbezüge bis hin zu 2010. Durch Wiederholung, Variabilität und Virtuosität begegnen sich Proschaks Motive und Materialien immer wieder wie alte Freunde, bei deren Wiedersehen es allerhand zu erzählen gibt.
Sarah Jürgel